Synopsis
BESUCH AUS CHINA ist ein Dokumentarfilm über zwei Geflüchtete – einen Österreicher und einen Chinesen – und darüber, wie das Schicksal sie 1946 in China zusammengebracht hat. Ferdinand Adler (1903-1952) war ein Geiger aus Wien, der 1939 vor den Nazis nach Shanghai geflüchtet war; Mingliang Sheng (1932-2023), sein Schüler, war im Zuge der japanischen Invasion 1937 den Massakern von Nanking entkommen. Die Geschichte entfaltet sich durch die Augen ihrer erwachsenen Kinder, Christina Adler und Fang Sheng, die sich in Kufstein, Tirol treffen, um dort eine Radiodokumentation für den kanadischen Rundfunk CBC aufzunehmen.
Gleich nach seiner Ankunft in Shanghai kann sich Ferdinand Adler als Musiker etablieren. Er tritt als Solist, Kammer- und Orchestermusiker auf, aber auch in Kaffeehäusern und Nachtklubs, die von europäischen Geflüchteten eröffnet worden sind. Er wird Konzertmeister des Shanghai Municipal Orchestras (heute Shanghai Symphony Orchester) und Professor für Violine an den Musikkonservatorien in Changzhou, Nanjing und Shanghai.
Mingliang Sheng flüchtet mit seinem Vater und seinen Brüdern in die chinesische Kriegshauptstadt Chongqing, wo sie nach dem Tod des Vaters Vollwaisen werden. Sheng wird in das Jugendprogramm des Musikkonservatoriums in Chongqing aufgenommen, was für ihn freie Unterkunft und Verpflegung bedeutet. Er lernt das Geigenspiel.
1946 begegnen Adler und Sheng einander zum ersten Mal. Das Jugendprogramm des Musikkonservatoriums war nach Changzhou, in der Nähe von Shanghai, übersiedelt und Ferdinand Adler wurde sein Geigenlehrer. Im Film trifft Christina Adler (1945 in Shanghai geboren) Mingliang Sheng über Video Chat. Dabei erinnert er sich an die für ihn lebensverändernden Zeiten mit Adler vor mehr als 70 Jahren. In seiner Zeit im Exil hat Adler – gemeinsam mit anderen europäischen Musikern – einen langwährenden Einfluss auf die klassische Musik in China ausgeübt. Speziell der Unterricht chinesischer Waisenkinder wirkte lange nach.
Nach seiner Rückkehr nach Wien 1947 setzte Ferdinand Adler seine Musikkarriere fort und wurde Konzertmeister des Wiener Staatsopern-Orchesters. 1952 starb er unerwartet während einer Orchesterprobe im Alter von nur 48 Jahren. Im Mai 1952 kam Mingliang Sheng im Rahmen einer Welttournee von jungen chinesischen Musiker*innen bis nach Wien – nur einige Monate nachdem sein ehemaliger Lehrer verstorben war. Mingliang Sheng wurde schließlich ein Gründungsmitglied des Zentralen Philharmonischen Orchesters von China.
Der Film beginnt mit der Restaurierung und Ausstellung der Geige von Ferdinand Adler im Jüdischen Museum in Wien. Er endet am 6. Mai 2023 anlässlich des 120. Geburtstages von Ferdinand Adler, als das Shanghai Symphony Orchester auf den Straßen Shanghais seiner gedenkt. Konzertmeisterin Ming Liu spielt zu Ehren ihres Vorgängers Hebräische Melodie von Joseph Achron.
Einzigartiges Archivmaterial (Film, Foto, Text und Musik) macht diese ungewöhnliche Geschichte erlebbar. Die Sprachen des Films sind Deutsch, Englisch und Chinesisch.
Medien & Pressespiegel
- 30. Mai 2024, The Adler Project
- 7. Juni 2024, Österreichisches Kulturforum, Peking
- 13. Juni 2024, Shanghai Symphonie Orchester – We Chat
- 14. Juni 2024, Shanghai Symphonie Orchester – Instagram
- 14. Juni 2024, Shanghai Symphonie Orchester – X
Ausstellung
Parallel zum Kinostart am 8. November veranstalten Exilarte, Zentrum für verfolgte Musik (Leiter Gerold Gruber) und das Jüdische Museum Wien (Kuratorin Daniela Pscheiden) im Metro Kinokulturhaus, Mezzanin, eine kleine Ausstellung zu Ferdinand Adler.
Originalfotos, Artefakte – darunter seine Geige – geben den Kinobesucher*innen die Möglichkeit – vor oder nach der Filmvorführung – im Shanghaier Exil zu verweilen.
© Jüdisches Museum Wien
CHRISTINA ADLERDie Geige war sein Kapital8. – 24. November 2024Mezzanin des Metro KinokulturhausesTäglich von 17.30 bis 21.00an den Vorführtagen des Films.
Kurzbiografie Ferdinand AdlerKurzbiografie Mingliang Sheng
Regie Statement
Es war sehr spannend, nach 1998, mich nochmals mit dem jüdischen Exil in Shanghai zu beschäftigen. Damals stellte ich mit Joan Grossman meinen ersten Langfilm fertig: Zuflucht in Shanghai. Diesmal kam die Inspiration aus China, über Toronto: Fang Sheng suchte nach Informationen über den Geiger Ferdinand Adler, dem Musiker der 1946-47 der erste Geigenlehrer seines Vaters – Mingliang Sheng – war. Ich konnte ihm helfen, da ich mit der Tochter von Ferdinand Adler, Christina, seit mehr als 25 Jahren bekannt bin. So entstand die kanadische Radiodokumentation Finding Adler und damit das Basismaterial für Besuch aus China, denn ich bat meinen Kameramann Wolfram Wuinovic die Radioaufnahmen bei Christina Adler in Kufstein zu filmen. Ich spürte damals, dass diese chinesisch-österreichische Begegnung interessant werden könnte. Das war 2018.
2020 kam es zur Restaurierung der Geige von Ferdinand Adler für die Ausstellung Die Wiener in China im Jüdischen Museum in Wien.
2023 besserte das Shanghai Symphonie Orchester, zum 120. Geburtstag von Ferdinand Adler, seine Tafel am Musikerweg in Shanghai aus und erinnerte an ihn.
Ich schöpfte aus meinem reichen Fundus an Archivmaterialien (35mm, 16mm, 8 und Super 8), fügte einige hochspannende Neuentdeckungen hinzu – Ferdinand Adler auf Schallplatte, die erste Beethoven Aufführung in China 1959 – und Besuch aus China war fertig.
Es bedeutet mir sehr viel, dass ich das jüdische Exil in Shanghai jetzt auch aus chinesischer Perspektive beleuchten konnte.
Paul Rosdy
Biografisches
Geboren und aufgewachsen in Wien arbeitete Paul Rosdy zunächst in der Tourismusbranche. In den 1980er Jahren bereiste er für American Express die Welt: Sowjetunion, China, USA.
1990 übersiedelte er nach Vancouver (Kanada), wo er einen Filmlehrgang abschloss. Sein erster Film hieß You Don’t Look for Street Signs When You’re in a Jungle (1991), gefolgt von Release Day (1992) – beide Filme setzten sich mit dem Leben im Gefängnis auseinander. Eine Leitfigur in Sachen Gefangenenrechte war damals die Aktivistin Claire Culhane, die Rosdy dazu inspirierte das Leben hinter Gittern zu erforschen.
In New York gründete Rosdy 1993 Pinball Films mit Joan Grossman. Gemeinsam produzierten sie Filme für den Bildungsmarkt für Kunden wie z. B. Union Settlement.
1998, nach vierjähriger Arbeit, kamen sie mit The Port of Last Resort – Zuflucht in Shanghai heraus, einem Film über die rund 20.000 Juden, die vor den Nazis nach Shanghai geflüchtete waren. Inspiriert von den Memoiren von Ernest G. Heppner, einem Freund der Familie Grossman, wurde der Film in mehr als 20 Ländern gezeigt und hatte Weltpremiere bei der Berlinale.
Anschließend richtete Rosdy seinen Blick auf Mittel- und Südosteuropa und es entstand Neue Welt (2005), ein Reisefilm, von der alten Welt in eine neue. Weltpremiere war beim Film Festival in Karlovy Vary.
2009 entstand Cernobílá Barevná (Schwarz/Weiss Farbe), ein Kurzfilm über den Wechsel in Zeit und Raum in den nordböhmischen Braunkohlegebieten.
2010 lernte Rosdy Alfred Schreyer kennen. Diese Begegnung führte zu Der letzte Jude von Drohobytsch (2011), ein Portrait über einen Mann, der eine Geschichte zu erzählen hat, so unglaublich, dass ein Leben nicht ausreicht, sie zu fassen. Weltpremiere war bei der Viennale in Wien.
Als nächstes nahm sich Paul Rosdy seine Heimatstadt vor. Es entstand Kino Wien Film (2018), eine Reise durch die Kinolandschaft und -geschichte Wiens von 1896 bis heute. Die Weltpremiere fand ebenfalls bei der Viennale in Wien statt.
Kurz vor Weihnachten 2021 erfuhr Rosdy, dass der legendäre EMI Austria Music Store auf der Kärntner Straße im Zentrum Wiens für immer schließen wird. Dies motivierte ihn zum Kurzfilm Der letzte Tag (2022).
2024 erschien sein zweiter Film über das jüdische Exil in Shanghai, diesmal aus chinesischer Perspektive – Besuch aus China. Die Weltpremiere fand im Juni 2024 beim Shanghai International Film Festival statt.
Andere Publikationen von Paul Rosdy betreffen eine Musik CD – VARIOUS ARTISTS Neue Welt – Ein Reisefilm von Paul Rosdy (Original Motion Picture Soundtrack) und zwei Buchherausgaben: Gelbe Post von Adolf Josef Storfer und Die Ermordung einer Stadt namens Stanislau von Elisabeth Freundlich, in Deutsch und Ukrainisch.
Gegenwärtig arbeitet Rosdy an zwei Dokumentarfilmprojekten und einem Spielfilm.
Stab
Buch, Regie, Schnitt & Produktion: Paul Rosdy
Ko-Produzent: Fang Sheng
Kamera: Wolfram Wuinovic, aac
Ton: Sharon Wu
Besetzung
Technische Daten
Download des kompletten Abspanns.
Musik
Symphonie No. 9, d-Moll, Op. 125
Hebräische Melodie op. 33
Joseph Achron, interpretiert von Ming Liu
Kontakt
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1090 Wien
Österreich
Tel.: +43 (0) 699 1217 0214
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