Allesfilm.com, Jänner 2006 Augenblick verweile… Im Buffet dal Pepi in Triest wird heute noch wie Anno 1897 das Fleisch in die Semmeln gesäbelt… Ein Reisefilm sucht im gar nicht so verblichenen Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn nach Konstanten im Rahmen der bewegten Zeiten.
betrachtet von Thomas Taborsky
Kritik 87 Jahre keine Donaumonarchie mehr, doch sie hallt beständig wider. Paul Rosdys Impressionsreigen, der quer durch die ehemaligen k.u.k. Kronländer führt, nennt sich selbst Reisefilm, weshalb auch öfters im Führerhaus von Bus und Bahn die Strecke unter der Kamera dahin rollt. Die alten Reiseführer von 1910 führen selbst heute noch zu vielen Bauten, Relikten und Fragmenten des Kaiserreichs, so wie Schnipsel aus längst vergessenen Zeitungen mit den Worten der Vergangenheit heutige Bilder umschreiben können und ihnen Konstanz über die Zeiten verleihen. Der Zuschauer wird dabei unweigerlich zum Reisenden, der sich auf eine Fahrt ins Unbekannte begibt, sich treiben lässt.
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Auch das Verweilen an den Destinationen wird immer länger; Eingehender wird der Blick auf das, was neu ist und das, was überdauert hat. Dabei wird schnell eines klar: Die Menschen selbst scheinen in ihrem Tun unberührt von Politik und Mächtigen. Sie haben noch immer ihre Lieder auf den Lippen, haben ihre Vereine, ihr Handwerk und müssen sich oft noch immer sorgen, wie sie ihr Auskommen finden. Die Zeit, die nach dem Untergang der Monarchie kam, sie war nicht besser. Sie brachte den Holocaust, die Unterdrückung des Kommunismus und Kriege zwischen den Nationalitäten. Bitter ist die Ironie, dass sie, die Neue Welt, die dem Film den Namen gab, als Ghetto in Ivano-Frankivsk, ehemals Stanislau, auftaucht, aus dem die Todesgasse in die Vernichtung führte. Mehr und mehr wendet sich Rosdys Blick vom Kolorit, vom Schrulligen, zu bedrückenderen Themen, hält jedoch mit der Faszination an den Menschen, die er am Weg trifft, die Balance. Der Nostalgie-Falle, dem wenn auch leisen Nachtrauern um den Vielvölkerstaat, kann er zwar nicht entkommen; Er zeigt jedoch auch, dass die Zeit bereits weitere Schichten über die Länder gespült hat, Schichten, die für die dort Lebenden Teil dessen geworden sind, was im weiteren Sinne Identität stiften kann. Im eigentlichen Sinne – und das zeigt Rosdy eindringlich – sind es jedoch nicht Oberhäupter oder Fahnen, die dies tun, sondern Gemeinschaften: Verbände, die sich gegenseitig helfen, die gemeinsam arbeiten, feiern und singen. Oder noch kleiner: der heimische Herd einer ukrainischen O-Busfahrerin, an dem Neue Welt endet – Familie als Identität, die Anekdoten über Kofferreisende, Zukunftsspekulationen oder gar ein Großreich jederzeit überflügeln kann.